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Kurzweil im Langboot / Amusingly in a long boat

10.10.2015 Luang Prabang / Laos / N19°53’18.9“ E102°07’50.5“

Ganz nah ist das Wasser. Es spritzt zu mir hoch und kühlt Millimeter für Millimeter meiner heißen Sommerhaut. Ich sitze dreißig Zentimeter über dem Wasserspiegel des Mekong in einem Langboot und bin glücklich. Wie ein Kinderschiffchen gleitet unser kleiner Kahn dahin. Langsam, gemütlich, den jungen Tag erwartend. Sonst nicht unsere Zeit, hat es uns heute um acht Uhr aus dem Leo getrieben, um dem Mekong ganz nah zu sein. Nun sitze ich hier. Mein Gesicht in den Fahrtwind gerichtet, die Berge rechts und links wahrnehmend, die kleinen am Flussufer liegenden Dörfer auch. Whiskey-Dörfer nennen die sich. Denn in Mengen wird hier Schnaps gebrannt. Ein Reisgemisch kommt für 45 Tage in einen großen Tonkrug, bevor aus der weißen, stark riechenden Masse, über eine Destillations-Apparatur Alkohol gewonnen wird. Von 15% bis zu 55% ist alles zu haben. Beim Probieren der unterschiedlichen Stärkegrade und Geschmacksrichtungen nage ich immer mal an dem Inneren meines Bambusstücks. Reis, vermengt mit Kokos und irgendeinem roten, eingedickten Saft ist da hineingestopft. In handlichen Rohrlängen kann man diesen kleinen Snack an der Straße kaufen. Ich finde es genial, dass hier noch die natürlichen Dinge die Oberhand zu haben scheinen. Kokosmilch gibt’s mit nem Strohhalm frisch direkt aus der Nuss. Reis für unterwegs verpackt man in handliche Portionen in Bananenblättern. Als Trinkhalme wird Bambus verwendet. Genau so als Trinkgefäße. Dann allerdings die dicke Version. Geschenke werden in handgeschöpftem Papier verpackt. Genauso dient das Papier als Behälter für den Kaffee der Region. Die Plastikwelle hält sich gekonnt zurück. Ich hoffe sie lauert nicht hinter der nächsten Ecke, oder die Laoten haben nen guten Schutzwall gebaut, um ihre eigenen Techniken zu wahren. Sind die doch gleichzeitig der Lebensunterhalt all der Menschen hier. Romanisierend klingt es, ist hier jedoch purer gelebter Alltag, dass da ein Mann an einem Holzelefant schnitzt, dort ne Frau sitzt, die auf das selbst geschöpfte Papier mit ihren dicken Pinseln Szenen der Mönche malt. Die nächste häkelt, webt oder stickt. Andere schneiden filigranste Schlösser aus dünnem Papier. Bitte, bitte liebes Handwerk. Weite dich und lass dich nicht vertreiben, vom billig nachgemachten Mist der Großproduktion!
Luang Prabang war einst die Hauptstadt des Landes, bevor Vientiane dazu ernannt wurde.
Kam der König von einer Reise auf dem Mekong zurück, bestieg er das Festland über eine lange Treppe und landete als Erstes im 1560 erbauten Tempel „Wat Xieng Thong“. Dort blieb er für drei Tage um zu Meditieren und nahm erst danach seine Tätigkeiten in der Hauptstadt wieder auf. Geschichten über Geschichten leben in den Köpfen der Menschen fort, werden sich noch heute einander erzählt. Warum der eine Hügel da am Mekong „Mädchenberg“ heißt und wie es war, als zum ersten Mal der Nebenfluss Nam Ou in den Mekong floss. „Storytelling“ gibt’s auch hier. Es sind die Männer, die die alten Geschichten mit ihrem Erzählen lebendig halten. Mit unserem Boot machen wir Halt an den „Buddha-Höhlen“. Tausende von kleinen feinen Buddha-Statuen stehen in das Innere der Höhlen gerückt. Das vorsichtig mit Bedacht einfallende Licht könnte sie schöner nicht umfangen. Wie sie da liegen und stehen und sitzen. Umgefallene Figuren, mit Händen, ohne Köpfe, geschlossenen Augen, offenen Arme. Gesten der Andacht. Ein Orchester der Besinnlichkeit. Lebten vielleicht in einer dieser Höhlen die zwölf Schwestern, die verbannt wurden und deren Augen in einem Glas weit weg von ihnen auf sie warteten, wie der Geschichtenmann es uns am Abend erzählt?
Die Gegend besitzt etwas Magisches. Etwas, von dem ich sagen möchte. „Halte ein, bleib wie du bist.“ Und doch weiß ich, dass das Leben auch hier seine Purzelbäume des Veränderns schlägt. Nun gut, doch heute, heute genieße ich das Dahingleiten in unserem gemächlichen Langboot. Dieser hellblauen Holz-Nadel im braunen Wasser des Mekongs. Auch wenn die Schnellboote schon rundherum lauern.
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