Von Beginn da – Aborigines in Australien.
04.01.2015 Cooktown / Australien / S15°28’10.4“ E145°15’23.1“
„Ab Origine“, „Von Beginn an da“, meint in seiner Übersetzung „Ureinwohner“. Ursprünglich war es eine Bezeichnung für die frühen Bewohner der Landschaft Latium, heute Lazio, rund um die Hauptstadt Rom, in Italien. Im Jahr 1803 verwendete man den Begriff erstmalig speziell zur Benennung der australischen Ureinwohner. Um 1788, der Zeit vor der Besiedelung des australischen Kontinents, sprachen unterschiedliche Quellen von 400 bis 700 Stämmen an Ureinwohnern, die Australien bevölkerten. Vor 40.000 bis 60.000 Jahren besiedelten sie, von Norden kommend, den Kontinent. Ihre Zahl maß zur Zeit der ersten britischen Besiedelung 1.000.000 bis 300.000. Wenige Jahre später, um 1920 war auf Grund von eingeschleppten Krankheiten und kriegerischen Auseinandersetzungen mit den Besiedlern, ihre Zahl auf 60.000 gesunken. Heute leben rund 460.000 Aborigines in Australien, allerdings drei Viertel von ihnen in Städten, mit einer, an die westliche Welt, angepassten Lebensweise.
Im nördlichen Australien, vor allem im „Northern Territory“ und dem nördlichen Zipfel Queenslands, auf der Halbinsel Cap York, leben die Nachfahren der Ureinwohner mehr oder weniger in der Natur, nach den Traditionen ihrer Ahnen als Jäger, Sammler und Fischer. Australien kommt mir, wenn ich auf die Karte schaue, vor, wie ein Kontinent mit zweifachem Boden. Einer Parallelwelt oder einem Doppelleben. Den sieben Bundesstaaten der Neuzeit stehen hunderte von Clans gegenüber, die die Karte weitaus bunter erscheinen lassen. Allein auf Cap York leben zweiunddreißig verschiedene Clans oder Stammesfamilien. Sie alle haben ihre individuelle Kultur, meist auch eigene Sprache.
Mit den Aborigines in Kontakt zu kommen ist nicht leicht. Je traditioneller sie noch leben, umso zurückhaltender geben sie sich. Mit einem Lächeln, um miteinander in Kontakt zu kommen, wie es mir in den letzten Monaten oft gelang, ist es hier nicht getan. Kati kennt das ausgiebig von ihrer Arbeit als Ärztin. Sie ist hier im hohen Norden vor allem eingesetzt, um die Ureinwohner medizinisch zu versorgen. Monatelange Kontakte sind oft notwendig, um minimale Pfade des Öffnens betreten zu können. Drei Monate, erzählt sie uns, dauert es manchmal, bis ihr ein Aborigine in die Augen schaut. Obwohl sie sich in der Zwischenzeit immer wieder begegnen.
Robi arbeitet in seinem Job als Ranger häufig mit ihnen zusammen. Tagelang sind sie dann mitunter als Teams in der Wildnis unterwegs. Auf diese Weise kommen sie sich näher, so dass sich über das Leben draußen wechselseitiges Vertrauen aufbaut. Manchmal, und sehr zaghaft, erzählen sie ihm Details ihres Wissens der alten Traditionen. Es geht dann um Jagdmethoden, Essgewohnheiten, Lebensweisen und Kulte. Ein unglaublich weites und spannendes Feld. Wissen, welches sie, vom Prinzip her, lieber für sich behalten, da es uns Weiße in ihren Augen nichts angeht. Vor Jahren, als wir im Süden Australiens unterwegs waren, hatte ich den Eindruck, dass die ursprünglichen Kulturen so gut wie gänzlich abhanden gekommen wären. Sah ich Aborigines, waren sie entweder komplett im westlichen Leben assimiliert, und saßen zum Einen als Beamte am Postschalter, oder ich sah sie in Gruppen zusammen hockend und Mengen an Alkohol trinken. Beispiele ihrer kunsthandwerklichen Tradition konnte ich nur im Museum betrachten. Nichts davon war im Alltagsleben für mich sichtbar.
Hier im Norden habe ich das Gefühl, dass von der Ursprünglichkeit mehr erhalten geblieben ist. Ob ich ihnen eventuell auch ein wenig näher kommen kann, werden die nächsten Tage zeigen. Doch allein die Möglichkeit finde ich spannend und schenkt mir das wohlige Gefühl, weiter auf Reisen zu sein.
Vom gefundene Anker James Cooks im Jahr 1971 erfahren wir im Museum. Und dass 18.000 Chinesen zur Zeit des Goldes in der Gegend lebten. Die Europäer seien mal hier und mal da auf Suche gegangen. Die Chinesen hingegen bildeten Gruppen und durchforsteten die Gebiete erfolgreich auf das Genaueste. Sehen kann man von ihnen, außer im Museum, auf dem Friedhof, und einem Denkmal im Städtchen, nichts mehr.
Die Leben kommen, die Leben gehen. Wir erzählen uns Geschichten über Vergangenes und Brandaktuelles. Mehr als passend finde ich es, bei unseren Freunden, und mit ihrer Hilfe, an einem historisch so bewegten Ort, verweilen zu dürfen und von den Ursprüngen des Kontinents Duftspuren aufnehmen zu können.
Von Beginn an…. Eine Satzkonstruktion, die für so Vieles stehen kann. Fangen wir einfach an, mit dem Beginnen.
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