Ein Abend mit Überraschung
13.02.2015 Iran / Tabriz / N38°01’32.3“ E046°21’56.5“
Ein wundervolles Gefühl im Leo, bei verschlossenen Fenstern, das Tuch vom Kopf nehmen zu dürfen. Für mich ist es wirklich eine Umstellung, hier komplett auf Sten angewiesen zu sein. Eine Speisekarte bekomme ich nicht. Ich werde nicht gefragt, was ich essen möchte. Die Hand gibt man mir nicht, weil auch das schon zu viel Nähe bedeuten würde. Nun, ich sehe es für mich als ein Spiel an und lasse mich darauf ein. Ich bin noch dabei, alles zu beobachten, um ein Gefühl dafür zu bekommen, was an Verhalten und Kleidung im Iran ok ist und was hier gar nicht geht. So fühle ich mich mit meinem blauen Tuch auf dem Kopf schon ein wenig wie ein Schmetterling, neben den komplett schwarz gekleideten Frauen im Restaurant.
Nach unserer Nacht im dichtesten Straßenverkehr, was uns übrigens überhaupt nicht gestört hat. Sind wir doch komplett in unserer kleinen Welt, wenn wir die Tür hinter uns schließen, machen wir uns auf, einen ersten Eindruck bei Tageslicht zu erhaschen. Alles geht hier ja nun wieder neu los. In der Türkei hatten wir uns am Ende gut eingelebt. Nun steht alles wieder auf Null. Wie ist es mit dem Tanken? Wenn zwar der Diesel pro Liter nur 10 Cent kostet, man aber eigentlich keinen Diesel erhält. Woher bekommen wir Internet? Will doch der Staat die Kommunikationsfreudigkeit nicht wirklich fördern. So ist Facebook, Google, Twitter und you tube verboten. Wie kann uns die Orientierung gelingen, wenn wir die Schilder nicht lesen können? Wir fühlen uns heute wie Kinder, die alles neu für sich entdecken. In einem Telefonladen können wir zu unserer großen Freude unseren Blogbericht hochladen. Die Internetverbindung ist in dem Shop etwas schneller und stürzt nicht dauernd zusammen. Hier redet alles noch von KB und MB. Ein Gigabite ist hier ne riesen Nummer.
Unser Weg führt uns heute per Damm über den Orumiyeh See. Er hat einen Salzgehalt von 38% und ist damit noch konzentrierter als das Tote Meer mit 30% Salzanteil.
Eine Polizeikontrolle winkt uns aus dem Verkehr, hat dann aber doch keine Lust uns zu kontrollieren, als sie merken, dass wir Ausländer sind. Für ein Foto vom Salzsee halten wir trotzdem an. Plötzlich steht eine Frau vor mir und begrüßt mich überschwänglich. Wie schön es ist, dass wir in ihrem Land sind. Ehe wir uns versehen können, haben wir die Hände voller Früchte, Sonnenblumenkerne und Keksen. Wir werden beschenkt und wissen gar nicht, wie uns geschieht. Zum Abschied tauschen wir unsere Nummern aus.
Vielleicht sehen wir uns ja am Abend in Tabriz noch einmal. Und tatsächlich… Wir sind gerade in unseren Leo gestiegen und überlegen, ob wir nun schlafen gehen, da klingelt unser Telefon und unsere Nachmittagsbegegnung meldet sich. Sie sind bestürzt, dass wir morgen schon weiter fahren und wollen uns deshalb unbedingt in dieser Nacht noch ihre Stadt zeigen. Da wir Spontanität lieben, freuen wir uns, als Solmaz, Shahram und ihre Tochter Rosa uns abholen um uns die blaue Moschee, die Frauenbrücke, das riesengroße und mächtige Stadttor, welches wie aus tausend und einer Nacht aussieht, das Rathaus (der Architekt war ein Deutscher) zu zeigen.
Lange nach Mitternacht verabschieden wir uns voneinander. Mit einem Lachen im Gesicht steigen wir in unseren Leo und sind beseelt von so viel Gastfreundschaft.