Höhenluft / Height air
01.06.2015 Son-Kul Lake / Kirgistan / N41°59’48.5“ E074°57’43.9“
3.400 Meter hoch! Heute unser Gipfelpass! Noch einen Schritt weiter. Und da, da sehen wir ihn. Der Son-Kul Lake liegt wohlig in dieser luftigen Höhe vor uns ausgebreitet. Er hat es sich nett gemacht. Ist von saftigen Schwemmwiesen umgeben. Ihn zu sehen ist nicht leicht. Zu ihm zu gelangen nicht einfach. Heute Morgen Nieselregen. Ist der Himmel traurig dass wir weiter ziehen? Ist es das Zeichen Abschied zu nehmen? Tamara Glück für ihre Pension hier am Issyk-Kul wünschend packen wir unsere Sachen. Lange geht es noch einmal am See entlang. Er ist groß. Er ist mächtig und maiästhetisch. Er macht hier das Rennen. Dem tun dann auch all die Symbole aus Sowjettagen keinen Abbruch. Dann biegen wir ab. Auf in die Berge. Der Issyk-Kul liegt auf 1.600 Metern Höhe. Heute soll es mehr sein. Günther ist mit uns. Spontan wie so oft hier, haben wir uns kurzer Hand entschlossen, dass er im letzten Ort am See nicht aussteigt, um ein Taxi nach Bishkek zu nehmen, sondern dass es doch schön wäre, die Strecke durch die Berge gemeinsam zurück zu legen. Kurz gedacht. Schnell getan. Wir haben Spaß. Wir erzählen ohne Unterlass. Die Geschichten sind abwechslungsreich. Genau wie die Landschaft um uns herum. Wir sind mitten unter den Kirgisen. Ich bekomme mehr und mehr ein Gefühl davon, was das Wesen der Menschen hier ausmacht. Es ist ein Bergvolk welches jetzt Anfang Juni die Saison im Freien beginnt. Überwintern scheinen sie in den Dörfern, die es ab und an gibt. Doch heute klopft und raucht es überall. Die Jurten werden aufgebaut. Die Schornsteine qualmen schon. Im Inneren sorgt ein Ofen bereits für Wärme, wird gekocht. Pausbackige Kinder springen umher. Pferde aasen in Jurten Nähe. Einen Hausbach frischen Bergwassers gibt es meist als Sahnehäubchen obendrauf. Ein Paradies. Ein Idyll. Vollkommen natürlich. Vielleicht seit Jahrhunderten in genau dieser Form gelebt. Es ist wie gesunden. Hier draußen und oben. Wir dürfen zusehen und haben unsere helle Freude daran. Grün, wie es satter kaum geht. Regenschauer und Sonnenschein abwechselnd im Rhythmus der atmenden Berge. Licht und Schatten, die ihre Spielchen miteinander treiben. Seichte Hänge von einer Ästhetik die uns alles bisher Gesehene neu überdenken lässt. Hier waren echte Designer am Werk. Intuition, Gespür für Proportionen und Farben. Natur. Erde. Gravitation. Menschenhände sind hier überflüssig. Ich entdecke ganz für mich die Schönheit der Bergwelt. Ich nähere mich ihr an und finde Gefallen. Der Respekt bleibt. Wir, als winzig kleine Wesen in diesem riesig großen Gemälde der Natürlichkeit. Zum Son-Kul Lake möchten wir. Ein See ganz oben. Von zwei Bergketten umschlungen. Wir fragen uns durch, um den Einstieg zu finden. Von 2.700 Meter Höhe steigt der Weg steil an. Aufwärts. Mal schlammig und glatt, mal steinig und holperig arbeiten wir uns voran. Die Luft wird dünner. Das spüren wir. Und dann. Noch einen Schritt weiter. Und da, da sehen wir ihn. Graupel setzt ein. Der Wind weht steil. Kälte zieht auf. Schönheit hat ihren Preis.
Schlaf finden wir unten im Dorf. Seelig beglückt, oben gewesen zu sein.
Mehr Bilder hier/ More pictures here