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Eingetaucht / Dipped

21.07.2015 Khovd / Mongolei / N48°00’39.9“ E091°38’03.3“

Ich sitze am Feuer, schaue in die züngelnden Flammen und kann es nicht glauben, dass wir erst seit vier Tagen in diesem Land sein sollten. Die Mongolei. Mit einer solchen Wucht hat sie bei uns eingeschlagen. Nicht mit Krach und Tamtam. Eher mit ihrer unglaublich stillen Selbstverständlichkeit. Ich habe das Gefühl mich neu sortieren zu müssen, mich einzurichten in dem mir unbekannten unendlichen Raum. Das Land wirkt auf mich wie eine viel zu große Wohnung, die ich bezogen habe. Außer einem Tisch steht nichts darin. Ein Möbelstück, welches in der alten Wohnung gewaltig wirkte, geht hier unter, verliert sich in der Unscheinbarkeit. Die Dimensionen sind aus den Fugen geraten. Unendlichkeit hat heute eine andere Bedeutung für mich.
Einhundertfünfzig Kilometer weit liegt die Siedlung Altanzugz vom nächsten Ort Khovd entfernt. Das ist heute unsere Strecke. Khovd, unser Ziel. Die Einheimischen zeigen in eine Richtung als wir losfahren und nach dem Weg fragen. Straßen gibt es hier nicht. Ob wir uns einem Ort nähern oder nicht zeigen allein die Anzahl der Pisten, die mehr oder weniger parallel, mitunter im Abstand von ein paar hundert Metern verlaufen. Navigation ist ratsam. Ohne, muss man hier geboren sein. Über Hügel, durch Ebenen, Flüsse und die verschiedensten Arten an Bodenbeschaffenheit führt unser Weg. Die ersten Wasser-Durchfahrten fordern unsere volle Aufmerksamkeit. Im Laufe des Tages werden sie Routine. Die Pisten fügen sich ein in dieses gewachsene Landschaftsbild, in dem ich mir nicht vorstellen kann, dass eine asphaltierte Straße eine Alternative sein könnte. Um von A nach B zu kommen geht es hier darum, einen günstigen Weg in den sich immer ändernden Bedingungen zu finden. Das Wetter verändert die Routen. Der Regen, wo auch immer, lässt die Flüsse an- oder ab-schwellen. Es geht um das Suchen und Finden der jeweils günstigsten Strecke. Es kommt mir vor, als schwingen wir hier auf eine Weise mit der Natur und ihren Gegebenheiten, wie es sich an anderen Orten niemals einstellen könnte. Dort gibt es eine Straße und die fährt man entlang. Dann kommt eine Kreuzung mit wegweisenden Schildern, aus denen man sich die Abbiegung aussucht, die passend ist. Ganz anders hier. Auf der Karte sehen wir die Bergzüge und Täler. Diese vergleichen wir mit dem was wir vor uns sehen und entscheiden dann, welchen der vor uns liegenden Wege wir einschlagen. Merken wir nach einer Weile, dass wir zu weit abdriften und unser GPS Gerät nicht mehr mit uns reden will, fahren wir zurück, um einen anderen Weg auszuprobieren. Nehmen dann die Kilometer laut unserer GPS Peilung langsam ab, nehmen wir an, den richtigen Weg gefunden zu haben.
Sieben Stunden sind wir heute unterwegs um einhundertfünfzig Kilometer zurück zu legen. Das ist hier so. Das ist normal. „Mal schnell“ geht hier nicht. Dieses Land fordert unsere ganze Aufmerksamkeit. „Vielleicht ist es genau das, was uns so augenblicklich tief hat eintauchen lassen?“, sind meine Gedanken abends am Feuer, an dem wir heute bunt gewürfelt sitzen. Drei Italiener, ein Portugiese, zwei Amerikaner, ein Inder, ein Mädchen aus dem Altai, ein Russe und wir zwei. Alle haben wir uns hier versammelt, um dem Geheimnis „Mongolei“ ein Stückchen näher zu kommen.
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