Auf der Seidenstraße / Onto the Silk Road
24.04.2015 Kasachstan / Aktau / N43°46’12.6“ E051°05’26.2“
Aktau hält uns nach wie vor seine Hand offen und lässt uns an jedem Tag ein klein wenig tiefer eintauchen in das Gefühl dessen was hier ist und was einmal war. Wir bewegen uns tatsächlich auf der „Seidenstraße“, was ein erhabenes Gefühl in uns weckt. Aktau war wohl zwischen dem 5. und dem 14. Jahrhundert ein bedeutender Punkt auf einer der Routen der Seidenstraße. Es gibt ja nicht DIE eine Strecke, sondern es ist ein Geflecht aus Routen, die alle gemeinsam als „Seidenstraße“ tituliert werden. Man spricht auch von sogenannten „Schnellstraßen“, die als abkürzende Verbindungen gewählt wurden. So führte eine dieser Abkürzungen ÜBER das Kaspische Meer. Der Wasserspiegel war zu dieser Zeit um sieben Meter niedriger als heute und so konnten die Karawanen einen Weg durch das Kaspische Meer wählen. Aktau lag schon immer am Ufer des „Kaspi“ und hatte zu diesen Zeiten den Status einer bedeutenden Karawanenstadt. Hier traf man sich, um nach einer Verschnaufpause seinen Weg in den unterschiedlichsten Richtungen fortzusetzen. Heute hat man bei Aktau ein Tor errichtet, welches an die Zeit der Karawanen hier erinnern soll. Wir stehen davor und fühlen uns als kleiner Teil des Ganzen. Bis hierher haben wir es schon geschafft und immer wieder kreuzen wir auf unserer Reise die Wege der Seidenstraße. Das ist ein so ergreifendes Gefühl für mich und gibt den Menschen, die hier leben, ein Stück Identität. Die Seidenstraße spielt eine große Rolle im Bewusstsein der Gegend. Ich hatte es mir „verschütteter“ vorgestellt und freue mich nun umso mehr, wie wach dieser Teil der eigenen Geschichte hier gehalten wird.
Ich nehme es in Kasachstan sehr bewusst wahr, wie die Menschen nach der eigenen Identität suchen und wie sie sich auf ihre lange Vergangenheit beziehen. Sind wir in Aktau und laufen an den Bildern früherer Gelehrter des Landes vorbei, wie zum Beispiel dem Bild von „Kazybek Bee Kaldibekuly, der von 1667-1764 hier gelebt hat und ein bedeutender Richter, Dichter und auch Redner war, der sich sehr für Bildung eingesetzt hat, so bekommt das Alltagsmoment des Wohnhochhauses und seiner vorbei fahrenden Autos für mich gleich etwas sehr Tiefes. Die Oberfläche verschwindet und ich kann ein Stück der pulsierenden Basis wahrnehmen. Die Menschen achten und wertschätzen den Teil, dem sie entspringen, sehr. Auf mich macht es den Eindruck von Stabilität und Halt auf dem Boden, auf dem sie leben. Ich mag die Flagge der Kasachen. Sie wurde von dem Maler Nijasbekow entworfen. Der auf mich so froh wirkende Türkisblaue Grund steht in seiner Symbolik für das sich entwickelnde Leben, Treue, Ehrlichkeit und Hoffnung. Das Türkis zeigt den wolkenlosen Himmel Kasachstans. Die Sonne dient als Zeichen der Ruhe und des Reichtums. Gehalten wird sie durch den Adler, der die gütige Seele und die Großzügigkeit des Steppenvolkes verkörpert. Der Adler spricht von Respekt und vom stolzen und unabhängigen Geist des multinationalen Landes Kasachstan. Das Webmuster an der linken Seite der Flagge erzählt von der Volkskunst des Webens. Seit 1992 gibt es diese Flagge und sie wird von den Menschen hier sehr geliebt. Eine ganze Weile war ich auf der Suche danach, wie man es hier nach der Unabhängigkeit angegangen ist, seine eigene Identität hervorzubringen. Wenn ich frage, bekomme ich zur Antwort, dass man noch immer danach sucht. Doch ich habe das Gefühl, dass die Menschen hier auf diesem Weg schon ein gutes Stück gegangen sind.
Und wir? Wir gönnen uns heute einfach mal einen Tag Wellness im neu erbauten „Nur Plaza Hotel“. Das Wetter ist nach wie vor so, dass wir lieber am Kamin als irgendwo anders sitzen wollen. Auf einen Mechaniker haben wir auch noch immer zu warten. Und so versüßen wir uns den Tag mit Sauna, Schwimmen und einer herrlichen Thailändischen Massage. Sozusagen als Vorgeschmack. Denn vielleicht schaffen wir es ja und kommen in diesem Jahr nach Thailand…