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Auf rohen Eiern / On eggshells

13.08.2015 Ulaan Bataar / Mongolia / N47°53’01.5“ E107°08’03.6“

Was ist denn das? Regen und „Kälte“? Wo gibt’s denn so etwas? Klar, Götz verlässt uns heute. Doch dass dies der Anlass für den Himmel ist, so viel Traurigkeit zu zeigen, hätte ich nicht gedacht. Er scheint empfindsamer zu sein als ich ahnte. Winkend stehen wir am frühen Morgen vor der Absperrung. Unsere Augen noch geschwollen von der Nacht, können wir Götz geradeso zusehen, wie er von Dannen zieht. Winkend bleiben wir am Gate zurück. Die schönen Tage in uns, die wir miteinander verlebten. Er nun dort, wir hier. Weiter. Ämtergang steht an. Vier Wochen kann man in der Mongolei, einzig mit einem Einreisestempel, reisen. Bleibt man länger, dann geht es nach dem Monat nur mit verlängertem Visum. Das brauchen wir, um bis Ende August im Land bleiben zu dürfen. Gleich in der Nähe des Flughafens finden wir die Immigration Behörde. Praktisch für uns. Sind wir doch einmal da. Ämter haben ihr Eigenleben. In der Mongolei sind sie von Pausen und exakten Schließzeiten geprägt. Doch wir haben Glück und schlüpfen in eine Lücke zwischen Frühstück und Mittagessen. In dieser schaffen wir es, nach mehrfachem Ziehen einer Nummer, erfolgreich an einem der Schalter Gehör zu finden. Gezählt wird ab dem dreißigsten Tag des Aufenthaltes. Jeder weitere Tag kostet Geld pro Person. Alles addiert landen wir am Ende bei 60 Dollar Gebühr für zwei Personen und 16 Tage Aufenthaltsverlängerung. Das Beste ist, nach drei Stunden stehen wir mit unseren Pässen wieder vor der Tür und alles ist erledigt. So schnell wie heute haben wir den Prozess des Meldens und Verlängerns in den vergangenen Monaten noch gar nicht erlebt. Dabei noch einen Rad fahrenden Spanier kennen gelernt und ein Deutsch-Mongolisches Paar, welches gerade dabei ist, in der Mongolei Fuß zu fassen. Von ihrem neuen Holzhaus haben sie erzählt und davon, wie besonders es für die Nachbarn in ihrem entlegenen Örtchen ist, dass da jetzt „Fremde“ kommen.
Wir huschen durch den Nieselregen hindurch und wissen noch nicht so recht, was wir von dem Tag halten sollen. Kalt und grau scheint das fade Tageslicht auf uns. Es ist so ein „Zwischentag“. Wir sind nun wieder zu Zweit. Das verändert den Rhythmus. Wir haben den Faden erst wieder zu finden und aufzunehmen, der uns beide hält. Erst einmal mit unseren italienischen Freunden von der Grenze einen Kaffee trinken. Man begegnet sich hier eben doch immer wieder. Sie haben einen Platz an der Ziellinie der „Mongolian Charity Rally“ gefunden und uns dorthin eingeladen.
Doch die feuchte Kälte lässt uns nicht lange still sitzen. Wir wollen uns bewegen und laufen ins Zentrum der Stadt. Leben um uns, Trubel. Überall auf der Welt könnten wir gerade sein. Die Menschen, an denen wir vorbei laufen, könnten uns ebenso in New York oder Paris begegnen. Wie sich die Stile angeglichen haben erstaunt mich. Wir lassen uns treiben und finden Platz in einem netten kleinen Café. Milchkaffee mit ganz normaler Kuhmilch. Keine angegorene Stutenmilch aus einer kleinen herumgereichten Schale. Nein, Tassen im internationalen Design bekommen wir über den Tresen geschoben.
Kleine Verschnaufpause, bevor unser „Leo“ wieder einmal an der Reihe ist. Einige Tage lang ging es nun seit Barnaul in Russland einmal nicht zu allererst um ihn. Sondern um Tilek und seine Familie, die Pisten und Stens Gesundheitszustand. Einen Monat lang hat er es ausgehalten und wohl überlegt, was jetzt mal an der Reihe sein könnte. Gebrochene Federblätter sind ihm eingefallen. Zwei Stück davon hat er uns beschert. Ach unser lieber Leo… Und ehe wir uns versehen können, stehen wir auf einem kleinen Werkstatthof, der Leo wird aufgebockt, die Federblätter ausgebaut. Wie auf rohen Eiern fühlt es sich am Abend für uns an, als wir in unseren Leo klettern, um darin zu schlafen. Alles wackelt, alles schwankt. Hoffen wir mal dass die Wagenheber uns in der Nacht tragen und ihnen nicht mittendrin einfällt, dass sie keine Lust mehr dazu haben.
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