Essen mit den Händen / Eating with our hands
Kasachstan / Zhanaozen / N43°20’58.9“ E052°51’43.7“
Ich kann nur noch lachen. So ein entsetztes Lachen. Am 31. März schneit es in Kasachstan! Obwohl nun wirklich alle Weissagungen davon sprachen, dass ich hier den Frühling finden werde.
Die Einheimischen fühlen sich genau so überrannt vom wilden Treiben des Schnees. Weil der Wind von gestern Freude daran hat, zog er über Nacht den Mantel des Sandsturms aus, um ihn mit dem des Schneesturms zu tauschen. Was für ein eitler Typ! Uns bleibt nur Eines, dicke Sachen anziehen und dem Schnee ins Auge schauen. Nyssan Bay hat uns versprochen zu helfen, wenn es um den notwendigen zweiten Stempel auf unserer Emigration Card geht. Jeder der länger als fünf Tage im Land bleibt, braucht diesen. Der Plan ist, kurzes gemeinsames Frühstück mit den beiden Chinesen, mit denen wir leider nur in „Body Language“ sprechen können. Die zwei danach im Einkaufszentrum absetzen damit sie an ihrem letzten Tag die Montage so richtig rucken lassen und dann mit Nyssan Bay zur Behörde im Ort fahren. Punkt eins, die Frühstückseier schmecken lecker, Punkt zwei klappt schon mal nicht, da wegen des Schneefalls der Strom auf der Baustelle ausgefallen ist. Also Planänderung Nummer Eins. Die Chinesen sollen nicht in der Kälte stehen, also kommen sie mit aufs Amt. Dort erfahren wir, dass es den Stempel nur in Aktau, 150 Kilometer entfernt, gibt. Also macht sich die bunte Truppe, bestehend aus einem Kasachen, zwei Chinesen und zwei Deutschen auf nach Aktau. Irgendwie lustig, dass wir nun einem solchen Stempel 150 Kilometer weit entgegen fahren. Es stürmt und windet über die Straße. Doch das tut dem Tempo der Fahrer mit Sommerreifen keinen Abbruch. Rasend schnell wird über die Straße geheizt. Und all das in dem Wissen, dass in Kasachstan 70% der Führerscheine gekauft sind und nicht nach einer Fahrschulprüfung erworben. Doch O-Ton Nyssan Bay: „Da lernt man eh nicht viel.“ Er fährt gut und bringt uns sicher durch all die rechts und links im Graben liegenden Autos nach Aktau. Das Tempo hält an. Denn auf der Behörde wollen alle zur Mittagspause übergehen die hier drei Stunden lang dauert. Also füllen wir in aller Eile die Formulare aus und Nyssan Bay versucht sein Möglichstes, den Stempel noch vor der Pause aus dem Stempelkissen in die Pässe wandern zu lassen. Doch leider keine Chance. Wir müssen morgen wieder kommen. Ohne Pässe in den Händen rasen wir die 150 Kilometer zurück, da die Chinesen ja heute noch irgendetwas schaffen sollen. Vorausgesetzt der Strom ist wieder da. Ihr Flug geht morgen früh. Und was bis dahin nicht funktioniert wird zum Problem. Denn einen anderen Fachmann gibt es einfach nicht. Derjenige, der zuschauen und lernen sollte, hatte nach kurzer Zeit keine Lust mehr und ist einfach gegangen. Wir sind am Nachmittag mit Indira verabredet. Sie ist Köchin in einer Firmenküche und kocht täglich für die 70 Mitarbeiter. Heute kocht sie für und mit uns und alle haben Freude, da das Abendessen so gewaltig ausfällt. Es gibt das sogenannte „Fünf Finger Essen“. Es ist Pferdefleisch mit Nudeltaschen, Kartoffeln, Zwiebeln und Möhren. Kochen hat auch hier mit Zeit zu tun. Fünf Stunden dauert die Zubereitung. Und gegessen wird traditionell wie in der Jurte mit den Händen. Dazu sitzen alle um eine große Platte drum herum und nehmen sich Stück für Stück mit Daumen, Zeige- und Mittelfinger herunter und lassen es genüsslich im Mund verschwinden.
Ich hoffe euch gehts gut und ihr habt nur einen länglichen kasachischen Steppen-Internetausfall! Ich denke an euch, beste Grüße auf den Weg, Jan Grünfeld!