Hochzeit ist Hoch-Zeit / Wedding is the highest time
01.08.2015 Dund Us / Mongolia / N48°07’39.0“ E091°22’44.9“
Wie macht man das, Hochzeit feiern und den neunzigsten Geburtstag der Urgroßmutter gleich dazu? Und das alles in der Mongolei?
Man nimmt einen wunderschönen sonnigen Sommertag. Am besten den 1. August. Sucht sich ein weitläufiges Tal mit seicht bewachsenen Hängen an den Seiten aus. Nimmt die schönste Wiese, die man sich nur denken kann. Baut fünf schneeweise Jurten auf, einen Laster mit einer wunderbar übersteuerten Musikanlage noch dazu. Legt bunte Teppiche aufs Gras, lädt vierhundert Gäste ein, die sich tröpfelnd einfinden und das Fest kann beginnen.
Erst einmal eine Grundlage schaffen. Sagt man sich wohl. Denn es geht los mit nem deftigen Essen. Und das geht so: Dreißig Leute werden in eine Jurte gebeten, auf deren runden Tischen Obst und Süßigkeiten stehen. Ergänzt wird die heitere Farbigkeit durch große Platten voller Fleisch. Ein Mann übernimmt die Führung, greift sich ein Messer und teilt die Stücke in freundliche Happen. Das Beste wird uns gereicht. Fett pur. Oh Gott, was mache ich nur damit? Herunter geschluckt bekomme ich es einfach nicht.
Beim nächsten Mal bin ich schlauer und nehme mir selbst ein mageres Stück. So kann ich mit vollem Mund freundlich ablehnen, als mir erneut ein Fettbrocken angeboten wird.
Gespült mit Salztee, erfrischt durch saure Stutenmilch und gestärkt vom Fleisch verlassen wir die Jurte. So ist Platz für den nächsten Schwung an Leuten, die schon am Einströmen sind während wir gehen.
Zum Verdauen erst einmal ins Gras gelegt. Dann ist Schluss mit Ruhe. Der Lautsprecher zeigt was er kann oder wovon er meint, dass es das Beste sei. Blechern vernehmen wir die Stimme des Manns in Lila. Er führt durchs Programm und ist sonst der Sportlehrer im Ort.
Singen kann er auch. Er macht es gut.
Menschen sitzen auf den Teppichen und warten was geschieht. Erster Auftritt: die neunzig jährige Urgroßmutter. Über die gesamte Wiese muss sie laufen. Schwerstarbeit für sie. Im Schlepptau Blumen schwenkende Kinder. Beschenkt und umgeben von vielen Teppichen nimmt sie Platz darauf.
Zweiter Auftritt: das Hochzeitspaar. Gesenkter Blick, ernste Gesichter. Für uns nun keine Frage mehr. Wir wissen, dass es dazu gehört, demütig zum Boden zu schauen. In Usbekistan hochgradig verunsichert, ob der traurigen Mienen, nehmen wir es heute als Normalität in Augenschein.
Für die Großmutter! Für das Hochzeitspaar! Ringkämpfer zeigen ihre Kunst. Kleine Jungs stellen unter Beweis, wer der Schnellste auf seinem Pferd ist. Den Lohn erntet der Vater. Oder freut sich der Neunjährige über ein Schaf und einen Teppich?
Singend, klatschend, jubelnd, von der Sonne beschienen nimmt der Tag seinen Lauf. Zur Stärkung immer mal wieder ne Hand voll Fleisch und weiter geht es.
Wir sind nicht die Hauptpersonen und doch merken wir, wie jeder unserer Schritte und Blicke genauestens beobachtet wird. Sten ist als Kameramann engagiert, ich als Fotografin. Fulltime Jobs. In unseren traditionellen Kleidern aus Usbekistan. Das freut die Leute. Noch mehr freut das Hochzeitspaar, als Sten Glückwunsch Worte zu ihnen ins Mikrofon spricht. Von drei Kindern ist bei ihm die Rede, die er in wenigen Jahren sehen möchte…
Gelächter unter den Massen. Unser Geschenk, ein kleines gefülltes Kästchen kommt gut an.
Wodka hat seinen Auftritt. Harte Leistung. Jeder Tost ein volles Glas, welches nur geleert zur Erfüllung der Wünsche führen kann.
Als die Mücken zur Dämmerstunde ihren Einzug halten, wissen wir uns mit wildesten Bewegungen zu helfen und tanzen ausgelassen bis der Vollmond am Himmel steht.
Hochzeit ist Hoch-Zeit. Und Schluss.