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Kindergeburtstag im Irrgarten / Birthday party in a crazy garden

02.09.2015 Datong / China / N40°06’00.8“ E113°09’26.5“

Manchmal ist das Gefühl zu Erwachen und dabei zu denken: „Hey, ich habe heute Geburtstag!“ ein ganz eigenwilliges. Es unterscheidet sich in allem von dem wie ich es zu Hause empfinde. Alles ist offen, alles ist unklar. Und eigentlich ist es ein ganz normaler Tag. Wenn es auf unserer Reise überhaupt „normale Tage“ gibt. Normal im Sinne von „der Geburtstag ist nicht das Wichtigste heute“. Wir weben ihn einfach ein in die Abenteuer des Tages. So wird es ein besonderer Tag in jedem Fall, ein unvergesslicher obendrein. Liebevolle Kleinigkeiten von Sten und unseren sechs wirklich überaus passenden Begleitern machen mir den Morgen licht und leicht. Es ist für mich ein wirklich tolles Geschenk, dass wir auf gute Leute getroffen sind. Nach acht Monaten des alleine Reisens hätte das auch „ins Auge“ gehen können. Doch die Gelassenheit, der Humor und die Art ans Leben heran zu gehen passt bei uns allen gut zusammen. Nach einem ersten kleinen Wodka zum Anstoßen, setzen wir uns in Bewegung. Vierhundertachtzig Kilometer liegen vor uns. Wir sind gespannt. Schleppend geht es voran. Erste Polizeikontrolle am Ausgang der Stadt. Mehrere weitere werden heute folgen. Schön ist, dass ich heute sehr oft fotografiert werde. Leider bekomme ich die Bilder nicht zu Gesicht und leider ist es wieder einmal nur zur Kontrolle. Offensichtlich ist das Überwachungssystem eng gewebt und die Wege eines jeden Fahrzeugs sind genauestens nachvollziehbar. Natürlich geht es dabei lediglich um „Speed control“… Worum sonst?

Das Land ist voll, das Land ist dicht. Meine Augen sind dabei sich an das neue Bild zu gewöhnen. Überall dort, wo vor ein paar Tagen die Hügel sanft von der Sonne beschienen ihrer Tage frönten, wo die Ebenen sich entspannt ausbreiten konnten, sind nun Häuser, Fabriken, Schornsteine, Hütten, Dreck und was weiß ich zu sehen. Schon eigenartig, was wir Menschen mit dem machen, was die Natur uns an Schönheit anbietet. Wir setzen uns einfach darüber hinweg und „verhässlichen“ erst einmal alles, um es danach irgendwie wieder gut machen zu wollen. Ich bin unruhig, ich fühle mich wenig entspannt bei all dem Durcheinander. Wie in einem Irrgarten geht es zu. Alle sind in Bewegung nur keiner weiß wohin. Wir zu aller Letzt. Denn immer wieder ist heute „Schluss“ für uns. Ende der Weiterfahrt. Schwarz-Gelb gestrichene dicke Metallrohre, in 2,5 Metern Höhe quer über den Straßen aufgehängt, sind der Grund dafür. Manchmal wissen wir einfach nicht mehr, welchen Weg wir noch ausprobieren könnten, wo wir noch nicht lang gefahren sind. Und das nicht in kleinen beschaulichen Örtchen, sondern in Städten, deren Größe auf der Karte maximal mit einem Punkt versehen ist, in der Realität aber immer gleich an einer Million an Einwohnern kratzt. Für unsere Gruppe heißt das immer wieder umkehren und nach einem neuen Weg Ausschau halten. Kein Spaß, wenn man Vierhundertfünfzig Kilometer zu bewältigen hat und doch den Eindruck gewinnt, nicht vom Fleck zu kommen. Unsere vier Motorradfahrer tun uns leid, dass sie immer wieder gemeinsam mit uns Kehrt machen müssen. Die kleineren Straßen sind für uns oft ein Problem, der High way schließt sich aber auch aus, da hier nun wiederum die Motorräder nicht fahren dürfen. Was für ein Spaß! Dabei ist der, ob seines wirklich hohen Preises, vollkommen leer. Niemand scheint dort überhaupt zu fahren. Nach genügend Hin und Her ist der Tank der Motorräder leer und es geht ans Tanken. Doch das geht nicht einfach so wie man landläufig denkt. So mit an die Tankstelle heran fahren, Tanksäule auswählen und Tanken. Motorräder dürfen nicht auf das Gelände einer Tankstelle fahren. Es ist zu gefährlich. Deshalb gibt es ein Gebot, was da heißt, Motorräder außerhalb der Tankstelle abstellen, mit einem Kanister zur Tanksäule laufen, diesen betanken. Zurück zum Motorrad gehen, den Kanisterinhalt in den Tank füllen und diesen Vorgang einfach so oft wiederholen, bis der Tank sich füllt. China, ich verstehe, dass es eine unglaubliche Herausforderung ist, ein Land mit so unfassbar vielen Menschen irgendwie am Laufen zu halten und in Bahnen zu lenken. Doch kann es sein, dass du bei deinen Bemühungen etwas übertreibst? Morgens nach Acht Uhr gestartet ist es nun wiederum nach Acht Uhr am Abend und bereits dunkel. Am Ziel sind wir noch nicht. Einen Schlafplatz haben wir bisher nicht gefunden. Irgendwann ist es genug. Wir halten und stehen mitten auf einem großen Platz, umringt von Unmengen an Chinesen. In der Mongolei war es einer, der pro Abend vorbei schaute. Hier nähert sich die Zahl schnell der Einhundert. Wir nehmen es gelassen und ich sehe sie alle als meine Geburtstagsgäste an. Dazu gibt es spontan ein Feuerwerk von irgendwoher. An anderer Stelle fangen Frauen auf dem Platz an zu tanzen. Ist das alles wirklich real was sich hier vor meinen Augen abspielt? Ich bin mir alles andere als sicher. Dort ein „Rückwärtsläufer“, da jemand der laute Rufe von sich gibt. Lichter Geflacker, Lautsprecherdurchsagen. Was ist hier los? Endgültig kann ich mir diese Frage heute nicht beantworten. Wir finden einen Seitenweg vom Seitenweg in dem wir für die Nacht parken. Ich koche Nudeln für uns alle. Geburtstagsessen. Wodka-Cola dazu, Kerzen an, Musik auch. Der Abend ist schön. Geburtstagsstimmung kommt auf in mir. Wenn auch im Irrgarten.

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