Kunterbuntes Leben / Colourful life
27.02.2015 Iran / Isfahan / N32°38’31.9“ E051°38’33.5“
Unser Magen hat kaum all die Speisen der Hochzeit verdaut, da wartet bereits die nächste Köstlichkeit auf uns. „Beryani“ ist DAS Traditionsessen Isfahans, welches es nur in dieser Stadt gibt. Geduldig stellen wir uns mit all den anderen in die Schlange der Wartenden und sind gespannt was kommt. Zu live-Musik wird uns später in Brot verpacktes, als Fladen gebratenes, feingehäckseltes Lammfleisch und feingehackte Niere serviert. Um zu Essen reißt man ein Stück Brot ab und greift damit das Fleisch. Das Brot hat damit die Funktion des warm Haltens und dient gleichzeitig als ‚Gabel’. Das ist in Iran die übliche Art des Speisens. „Beryani“ ist echt lecker, doch mein Magen streikt am Ende da es sich hier um eine recht fettige Angelegenheit handelt. Doch wir freuen uns, dass Mostafa und Ali diesen Geheimtipp ab jetzt mit uns teilen. Zur Verdauung laufen wir entlang der Khaju-Brücke. Sie wurde 1650 erbaut, hat 23 Bögen, ist 132 Meter lang und 12 Meter breit. Die Brücke hat zugleich eine Damm- und Schleusen-Funktion und ist in meinen Augen vor allem ein wundervoller Platz um sich zu treffen. Es ist Freitag, als der „Sonntag“ in Iran. Und so kommt es mir vor, als bewege ich mich leibhaftig durch Goethes Gedicht „ Der Osterspaziergang“: „…Überall regt sich Bildung und Streben, alles will sie mit Farbe beleben, doch an Blumen fehlts im Revier. Sie nimmt geputzte Menschen dafür…“. Die wärmende Sonne scheint heute alle nach draußen zu rufen, um zu sitzen, zu laufen, zu rennen, zu erzählen und vor allem zu singen. Noch nie habe ich es erlebt, dass Männer einfach an Brückenpfeiler gelehnt da stehen und, mit Gänsehaut erzeugenden Stimmen, Lieder singen, mal im Duett mal Solo. Die Brücke dient dabei als einzigartiger Resonanzkörper.
Das Spiel mit dem Wasser ist leider nicht ganz natürlich. So wurden in einem Staudamm extra die Schleusen geöffnet, um zum anstehenden Neujahrsfest am 21. März alles schön und lebendig aussehen zu lassen auch wenn der sehnsüchtig erwartete Regen ausbleibt.
Noch einen Tee im „Abbasi Hotel“ welches im 18. Jahrhundert eine königliche Karawanserei war und auf geht es zur abendlichen Kochaktion. Saeedeh und Afrouz haben sich eine ganze Palette an Gerichten ausgedacht, die sie mit uns kochen wollen. Es soll heute geben: „Tahchin Ghalebi“, „Polo Albaluo“, „Koukou Sabzi“ und „Kashke Bademjan“. Was für klangvolle Namen! Die Speisen, die sich dahinter verbergen lasse ich nach wie vor mein Geheimnis sein. Auf jeden Fall ist der Ruf, dass wir gemeinsam kochen wollen, weithin gehört worden und so erleben wir erneut ein spontanes Familientreffen, zu dem selbst das Hochzeitspaar der vergangenen Nacht kommt. Wir selbst fühlen uns, als gehören wir bereits ein Stück weit dazu. Und so fällt unsere Verabschiedung in dieser Nacht sehr herzlich aus. Es ist, als verabschieden wir uns von lang vertrauten Freunden, als alle winkend an unserem Leo stehen.