Mongolischer Landschaftseintopf / Mongolian landscape soup
07.08.2015 Buutsagaan / Mongolia / N46°05’19.5“ E097°59’31.1“
„Man nehme ein beliebiges Stück Land. Dem Geschmack dienlich ist, wenn mehrere Landschaftsformationen zusammen kommen. Weite Ebenen, Steinfelder, Gebirgszüge, gern auch mit Schneekuppen besetzt. Von kleinen Flussläufen durchzogen, gibt es dem Gericht die gewisse Frische. Sollten sich Häuser, gar Städte auf der Oberfläche befinden, so entferne man diese feinsäuberlich, bis der vollkommene Urzustand zum Vorschein kommt. Ist dies geschehen, ist man so gut wie fertig, mit seinem Landschaftsgericht ‚Mongolei’. Zur Abrundung ein paar Bonbons hinzugefügt. Dabei ist auf die breite der Farbpalette zu achten. Das Ganze serviert man am Besten an einem späten Sommernachmittag bei tiefstehender Sonne. Sie und ihre Gäste, werden von der Köstlichkeit des ‚Mongolischen Landschaftseintopf’ begeistert sein.“
Ja, genau so ist es. Wenn wir hier stehen und über die Lande schauen könnte das mitunter auch der Thüringer Wald, natürlich ohne Bäume, oder Mecklenburg Vorpommern sein. Das absolut Besondere ist eben, dass jedweder Landstrich unbebaut ist. Manchmal kommt es mit vor, als führe ich über die Landschaften Deutschlands, zu einer Zeit, in der es noch keine Besiedlung gab. Alles, einfach alles an Zivilbebauung ist weggelassen. Die Mongolei ist das naturbelassenste Land, welches ich je in meinem Leben kennen gelernt habe. Es fühlt sich immer wieder an, als wären wir Menschen erst vor kurzer Zeit hier angekommen, und haben es noch nicht geschafft, durch unser Tun das ursprüngliche Landschaftsbild zu verändern. Zu bebauen, umzugraben, Flüsse zu verlegen, Häuser zu errichten, diese dann wieder dem Verfall zu überlassen, Teerstraßen durch das Land zu ziehen, das Grundwasser abzusenken und so fort.
Wie haben die Mongolen es nur geschafft, ihr Land über so lange Zeit in einem „Neuzustand“ zu belassen? Ich glaube, es sind mehrere Dinge, die zusammen spielen. Zum Einen sind sie Nomaden und ziehen umher, ohne je sesshaft gewesen zu sein. Ab und an mal die Jurte aufgebaut. Das war es dann aber auch schon an Bebauung über die Jahrhunderte hinweg. Darüber hinaus besagt das Verständnis der Mongolen ihrem Boden gegenüber, dass dieser nicht verletzt werden darf. Jedes Einstechen in die Erde ist eine Beschädigung. Also bleibt Ackerbau aus, der weite Flächen in Felder verwandeln würde, die dann wiederum zu bewässern wären, was Kanalsysteme nach sich zöge und Wassermangel an den Ursprungsorten. Das fällt hier alles weg. Und zu guter Letzt sind es eben auch nur knappe drei Millionen Menschen, die auf der Fläche von Einermillionfünfhundertsechsundsechzigtausendfünfhundert Quadratkilometern leben. Viel Land, um es einfach zu lassen, wie es ist.
Vielleicht ist das ein Teil des Geheimnisses der Mongolei? Viel Platz um zu rennen, einfach so. Viel Raum um zu sehen, in alle Himmelsrichtungen und noch viel weiter. Viel Fläche um sich selbst darin loszulassen, sich zu verlieren und neu daraus hervor zu gehen. Ich liebe mein Hier-Sein.