Reisebericht im Onlineportal „Matsch&Piste“
Ede und Sten unterwegs mit ihrem Expeditionsmobil
INTERVIEWS
Mit Mongolen schwimmen und Adlern jagen – Ede und Sten unterwegs auf der Seidenstraße
Karsten (Sten) und Elke (Ede) waren ein Jahr lang auf der Seidenstraße unterwegs. Die Mongolei war für sie eines der schönsten Länder, das sie bereist haben. Natur und Einsamkeit haben sie ebenso in den Bann gezogen wie die kindliche Freundlichkeit der Mongolen. Doch nicht alles war leicht auf ihrer Tour. Kurz vor Ulan Bator bekommt Sten heftige Schmerzen…………….
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Wie seid ihr auf die Idee gekommen, euch ein Jahr Auszeit zu nehmen?
Auslöser war 2009, als wir zum dritten Mal eine Wirtschaftskrise in Deutschland live erlebten. Wir brauchten damals etwas Schönes, auf das wir hinarbeiten konnten. Wir wollten wissen, wie sich das anfühlt auf Reise zu gehen und nicht nur zwei oder drei Wochen Urlaub zu haben. Das war das zwanzigste Jahr unserer Selbständigkeit. Unsere Mitarbeiter waren von der Idee etwas geschockt und haben uns das erst nicht geglaubt. Immerhin waren es ja noch gut sechs Jahre bis dahin.
Am 25.12.2014 ging es dann los. Ursprünglich wollten wir im März des Folgejahres losfahren. Aber Bekannte, die bereits in der Mongolei waren, hatten uns gesagt, dass wir früher losfahren sollten, da die Monate Juli und August die beste Reisezeit für die Mongolei seien. Denn ab Ende August beginnt es dort bereits wieder zu schneien.
Eure Reise hatte ein Motto, könnt ihr etwas darüber erzählen?
Auch wenn wir nur zwei Wochen in Urlaub fahren, haben wir immer eine Klammer oder ein Motto. Für die Reise auf der Seidenstraße, wollten wir mit den Menschen in den verschiedenen Ländern, deren Lieblingsgerichte kochen. Dazu haben wir uns einen eineinhalb Meter großen Löffel aus Aluminium besorgt, der uns auf der Reise unter dem Motto „Silk Route Cooking“ begleitete und uns als Maskottchen diente. Die Menschen, mit denen wir gekocht haben, haben alle darauf unterschrieben. Insgesamt haben wir auf den 41.673 Kilometern 36 mal mit Einheimischen gekocht.
Eure Reise führte auch durch den Iran, ein Land über das die Meinungen nicht unterschiedlicher sein könnten. Wie habt ihr den Iran erlebt?
Wir kannten den Iran nicht, hatten jedoch einige Kontakte über drei Ecken. Im Nachhinein hat sich Iran als tolles Land entpuppt mit unglaublich freundlichen Menschen und herzlichen Begegnungen. Mitten in Iran ist uns das Verteilergetriebe am MAN kaputt gegangen.
Eigentlich ein Land, in dem so etwas nicht passieren sollte. Denn durch das Embargo, welches über den Iran verhängt wurde, kommst du dort an keine Ersatzteile ran. Wir haben dort in einer Familie gelebt, während die Jungs in der Werkstatt versucht haben, das Getriebe aus ihrem Fundus und mit ihrer Fingerfertigkeit zu reparieren. Nach zwei Wochen war der LKW wieder flott. Der Abschied ist uns schwer gefallen. Im Iran haben wir viele gute Freunde gefunden.
Hat das Getriebe den Rest der Reise überstanden?
Nach einer dreieinhalbtägigen Etappe von 1.500 Kilometern durch Turkmenistan, kamen wir nach West-Kasachstan. Das war der Wahnsinn dort. Der Ostteil des Kaspischen Meeres ist eine völlig unberührte Gegend, die kaum jemand kennt. Da ist uns das Getriebe dann in schwerem Gelände endgültig um die Ohren geflogen. Zum Glück trafen wir dort einen Kasachen, der eine Werkstatt hatte und sich unserer angenommen hat. Er hat Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt, ist sogar in die Türkei geflogen und hat Ersatzteile im Handgepäck eingeflogen. Leider waren es nicht die richtigen Teile. Es hat zwar alles gepasst, jedoch hatte ich im Getriebe durch einen Zahn Unterschied ein anderes Übersetzungsverhältnis, welches sich besonders bei Bergfahrten stark auf die Leistung des Fahrzeuges auswirkte.
Für uns stand also fest, mit dem Getriebe kommen wir nicht durch die Mongolei. Wir sind dann so gut es ging durch Usbekistan und Kirgisistan gekrochen. Dann haben wir beschlossen, uns ein neues Getriebe nach Almaty in Ost-Kasachstan liefern zu lassen, damit nicht noch andere Bauteile durch die hohe Beanspruchung Schaden nehmen.
Aber das Getriebe nach Kasachstan zu bekommen, war wiederum durch das Russland-Embargo schwierig. Über Umwege und mit viel Geduld haben wir das dann doch geschafft. Am Ende waren die Wochen auf den Werkstattgeländen mit die schönsten der Reise. Da hatten wir Gelegenheit Einheimische so richtig kennenzulernen, die dann sogar zu Freunden geworden sind. Sich mit Vertrauen und Gelassenheit darauf einzulassen, dass am Ende alles gut werden würde, war schon eine ganz besondere Erfahrung. Besonders für uns Deutsche – „Go with the flow“ war danach unser Motto.
Nach Kasachstan seid ihr über Russland in die Mongolei eingereist. Verlief die Einreise problemlos?
Auf dem Weg zur mongolischen Grenze kamen uns Motorradfahrer entgegen, die berichteten, dass die Grenze geschlossen sei. Wir hatten genau die Zeit des Naadam erwischt, das Nationalfest der Mongolei, das jährlich im Juli stattfindet. Die Grenze hatte die nächsten fünf Tage geschlossen. Dann haben wir uns, gemeinsam mit den Motorradfahrern, eine schöne Stelle in Russland gesucht und haben dort ein paar herrliche Tage mit Lagerfeuer und Motorradfahren verbracht.
Als wir an die Grenze kamen, war dort eine riesige Schlange. Am späten Nachmittag hatten wir es dann als letzte dieses Tages über die russische Grenze geschafft. Doch die mongolische Grenze kam erst 20 Kilometer weiter. Kurz vor fünf Uhr kamen wir an der mongolischen Grenze an. Wir dachten noch, was für ein Glück, dass wir hier noch rüberkommen. Doch gerade als der letzte Stempel in unsere Pässe gedrückt werden sollte, war es fünf Uhr und die Klappe ging runter: Feierabend. Die Mongolen stiefelten nach Hause und wir standen mit fünf weiteren LKW und Geländewagen an der Grenze und mussten bis zum nächsten Morgen warten.
Am nächsten Tag neun Uhr öffnete die Grenze wieder, der letzte Stempel wurde in unsere Pass gemacht und fünf Minuten später hieß es: „Welcome to Mongolia“.
Dann habt ihr das traditionelle Nadaam-Fest verpasst?
Wir waren schon ganz traurig, weil wir das Fest gerne gesehen hätten. Wir haben im nächsten Ort ein paar Mongolen angesprochen und die erklärten uns, dass es in der Nähe am nächsten Tag noch ein Nadaam gäbe. Das wäre nur 20 Kilometer entfernt. Die 20 Kilometer entpuppten sich dann aber als Tagestour. Abends standen wir an einem Fluss und hatten das Dorf immer noch nicht erreicht.
Da kamen ein paar mongolische Reiter vorbei, die sagten, sie könnten uns den Weg zeigen. Mitten in der Nacht fanden wir den Ort und hielten einfach irgendwo in der Dunkelheit. Morgens wurden wir von wildem Trubel geweckt. Dann sahen wir, dass wir unser Camp mitten auf dem Festplatz aufgeschlagen hatten. Es war wie in einer Filmkulisse. Hunderte von Menschen in farbigen Trachten, mit Pferden und Adlern liefen um uns herum. Und wir mitten drin. Das war ein unglaubliches Gefühl.
Ihr hattet Schwierigkeiten das Dorf zu finden, wie habt ihr euch in der Mongolei orientiert?
In der Mongolei gibt es so gut wie keine Straßen, sondern nur Pisten. Das lieben wir eigentlich. Die Pisten sind meist undefiniert. Teilweise gehen massenhaft Pisten parallel, weil der eine da fährt, der andere dort. Dann geht mal eine Spur nach links oder auch nach rechts ab.
Landkarten bieten immer nur einen kleinen Anhaltspunkt. Wirklich hilfreich sind sie in der Mongolei nicht. Wir hatten ein Toughbook, GPS-Maus und QuoVadis dabei, dazu noch russische Generalstabskarten. Das hat schon zu meiner Beruhigung beigetragen, zumindest wussten wir wo wir sind.