Sie ist da / She was coming
13.12.2015 Patong / Thailand / N07°55’00.4“ E098°17’03.7“
Vor Wochen sehe ich mich verschwitzt im Leo sitzen. Die Internetverbindung ist löchrig. Der Prozess bricht eins ums andere Mal ab. Ich bleibe dran. Will mein Labtop nicht zuklappen bis ich den Hinweis lese „Ihr Vorgang wurde erfolgreich abgeschlossen“. Die Wärme des Tages staut sich in unserem kleinen Wohnraum. Labtop und meine Körperbatterie tun ihr übriges dazu. Das Licht entzieht sich dem Tag. Es macht dem Mondschein Platz. Jedem seine Bühne. Nur auf meiner tanzt gerade niemand. „Ihr Vorgang wurde wegen Zeitüberschreitung abgebrochen“, lese ich wieder und wieder. Kann doch auch nichts dafür, dass hier ein TukTuk als Internetverbindung von A nach B zu dienen scheint. Draußen rennen Kinder um den Leo herum. Sten sitzt am Feuer. Ich sitze auch. Und warte. Beharrlichkeit scheint sich auszuzahlen. Irgendwann gibt das System nach. Lässt meine Zahlung passieren. Erklärt sie für erfolgreich vollzogen. Der Flug ist gebucht. Ich bin erleichtert. In drei Monaten wird sie kommen. Unsere Tochter. Auf Besuch.
Das liegt scheinbare Ewigkeiten zurück. Die Wochen sind verflogen. In denen der Tag ihrer Ankunft als bloßes Datum einen Notizzettel bemühte. Mit einem Mal hat er sich heran gearbeitet, ist näher gekommen, zum greifen nah. Heute. Wir stehen mittendrin. In diesem Datum, das lange Zukunft schien. Ihre Ankunft würde unser beginnender Abschied sein. Vom Reisen. Nicht endgültig. Die letzte Runde wurde vom Stadionsprecher eingeläutet. Da lässt sich nichts dran deuteln. Nun. Spielt heute keine Rolle. Der Gedanke darf kurz aufflammen. Wird aber gleich wieder in den Kühlschrank gestellt. Seine Zeit ist noch nicht gekommen. Und gut.
Baustelle am Flughafen. Gedränge, Geschiebe, lautes Rufen und hektisches Gestikulieren. Für alle scheint hier Platz. Nur für uns nicht. Leo bewegt sich, als sei er ein Elefant unter Ameisen. Als wolle er sagen „Kann auch nichts dafür, dass ich so groß bin“. Doch Eindruck schindet das bei den Männer mit ihren Wink-Elementen nicht. Weiter. Weiter. Hier nicht und da auch nicht. Kein Fleckchen zum Halten. Uns wird’s irgendwann zu bunt. Wir stoppen. Schalten die Warnblinkanlage an. Schließen ab und gehen. Sollen die doch wedeln wie sie wollen. Und siehe da, keiner interessiert sich mehr für uns.
Flughäfen betreten als Nicht-Passagier, kann man offensichtlich seit langem nicht mehr. Zumindest entlang unserer Reise. Jede Eingangstür, von Kasachstan bis Thailand wird durch Lichtschranken und aufmerksamen Personals überwacht. Ohne Ticket kein Zutritt. Anzeigen über landende Flugzeuge braucht es hier draußen auch nicht. Total geheim, das Ganze. Das schärft die Beobachtung. Jeden Passagier, jedes Pärchen, jede Familie schaue ich mir ganz genau an. Ein Gesellschafts-Kammerspiel wird aufgeführt. Ohne dass irgendjemand ne Eintrittskarte von mir sehen will. Frei Haus Lieferung. Die gelangweilten Halbwüchsigen, die aufgeregten Mütter, die müden Kleinen, die erwartungsfreudigen Männergruppen, die, um den Eindruck des Überblickwahrens, bemühten Familienväter, die tattrigen Omis und rüstigen Opas. Alle, alle spielen ihre Rollen mit Brillanz. Das Outfit stimmt, die extra neu gekauften bunten Allzweckschuhe spielen mit. Die schnell noch zum Friseur-Frisuren wippen, exakt geschnitten, in der Sonne. Ich habe meine Freude, genieße meinen Spaß. Merke kaum, dass ich seit zwei Stunden auf den Ausgang starre. So spannend ist, was vor sich geht. Und verpasse beinahe als sie kommt. So wenig konnte ich damit rechnen, dass es nun doch irgendwann so weit sein könnte. Sie ist da! Die Freude ist groß auf beiden Seiten. Sie ist da. Nach einem ganzen Jahr.
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