Sten und seine anatolischen Freunde
12.01.2015 Turkey / Istanbul / N40°58’25.3“ E029°05’46.3“
Es regnet in Strömen. Die Temperatur ist gefallen. Schneeflocken mischen sich unter den Regen. Ein eisiger Wind weht. Hier in der Stadt der Sonne und Hitze. Jeder Reisebericht erzählt von den Schattenplätzen, die helfen, die Wärme zu ertragen. Zur Zeit ist hier alles ganz anders. Doch irgendwie passt das. Auch uns ist nicht wie ‚milder Sommertag’ zu Mute, jetzt, in den ersten Wochen unserer Reise. Es ist stimmig, so wie es ist. Das Jahr möchte von uns entdeckt werden mit all seinen Seiten, Facetten, Winkeln, Ecken und Bögen. Es beginnt still und verhalten, verbunden mit der Neugier auf das Unbekannte. Und so ist es nicht der Sommerkleid tragende Morgen, der uns begrüßt, sondern sein Kumpel, der tropfnasse Regenmantel-Morgen. Wir finden es ok und ziehen los. Pitsch nass sind wir, schon nach den ersten Metern, sowohl von unten als auch von oben. Sämtliche Gullideckel Istanbuls scheinen verstopft zu sein und so fließt das Wasser in reißenden Bächen durch die Straßen. Es hat komische Züge an sich, die Menschen im Business Look durch die Wasserlachen hüpfen zu sehen. Wir haben unseren Spaß daran. Wasser ohne Ende auch in den Gassen der Marktstände. Tapfer harren hier alle aus. Was sollen sie auch tun? Also, wird weiter laut gerufen und angepriesen und Tee getrunken. Lebendigkeit pur. Es pulsiert. Es ist bunt. Es ist Leben. Doch da ich lieber AM als IM Wasser bin, reicht es dann irgendwann, und wir suchen uns eines der unzähligen gemütlichen kleinen Restaurants aus, um wieder zu trocknen. Mitten im Raum sitzt eine Frau an einer großen heißen Platte und bäckt mit Spinat, Käse und Fleisch gefüllte Teigtaschen. Zwischendurch wärmt sie meine Hände in den ihren. Das ist doch mal ein Frühstück! Danach geht es tapfer weiter, mehr schwimmend denn laufend. Unterwegs begegnen uns immer wieder spannende Details. Wie die automatische Miniwaffelteigeinspritzweitertransportschiebeundfertig-Maschine. Zwischendurch genehmigen wir uns noch die eine oder andere mit Obst gefüllte Waffel oder ein Obst-Schokoladen-Foundue. Dieses riesengroße Istanbul, welches Menschen in sich verschluckt, dass wir es kaum fassen können. Dieses Tempo, das Untertauchen in der Masse, das Fließen der Menschenströme als Ganzes. Da geht es nur um Menge und Geschwindigkeit. Und dann der Einzelne, der irgendwo sitzt, seinen Tee in Ruhe trinkt, und dabei ganz mit und bei sich zu sein scheint. Irgendwie ist es hier immer Beides. Das Große und Kleine, alle und der Eine da. Es ist ein Gewimmel und Gedränge und es ist der besondere Moment in dem Ganzen.