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Tausend Gesichter / Thousand faces

14.06.2015 Almaty / Kasachstan / N43°14’37.5“ E076°56’13.5“

 

Früher war Kasachstan für mich ein großer gelber Fleck. Irgendwo ganz da im Osten. Mal Teil der UdSSR gewesen. Irgendwie Russisch und irgendwie auch nicht. Was weiß ich denn?
Nun bin ich hier. Ziemlich lange schon. Länger auch als gedacht. „Mancheenmal tuste gornich gleich ahnen tun wozu das soll nu och noch wieder von nütze sein tun soll nichewahr.“, ist der lapidare Kommentar eines lieben Freundes dazu aus der Heimat. Wir haben beim Lesen vor Lachen in der Ecke gelegen und gleichzeitig war uns klar, wie recht er damit hatte. Wir sind uns dessen bewusst, dass uns irgend etwas zur Ruhe zwingt. Hier sein, tiefer eintauchen, schauen, was um und in uns ist. Menschen kennen lernen aus deren Begegnung mehr wird als eine flüchtige Abendbekanntschaft.

Menschen. Menschen. Menschen. Ungefähr 15 Millionen gibt es davon in Kasachstan.

Mit fünf Einwohnern pro Quadratkilometer ist es hier doch ziemlich luftig. Nimmt man dann die stark besiedelten Gebiete und hört, dass deren Einwohnerdichte nicht einmal der Vorpommerns entspricht, dann ist klar, was „stark“ hier bedeutet. Hier kann man Windsurfing machen, mitten in der Stadt. So viel Platz ist rundherum… Die Städte wirken groß. Doch einzig, weil wegen der Erdbebengefahr so gut wie nur flach, und damit breit, gebaut wird.
Und wer wohnt hier alles? Es ist ein kunterbuntes Völkergemisch. Darunter sind Namen, die habe ich in meinem Leben noch nie gehört. 63% der Menschen, die hier leben, sind Kasachen. Der Rest sind Kasachstaner. Und die bestehen zu 23% aus Russen, 3% aus Usbeken, 2% Ukrainern, 1,5% Uiguren, 1,3% Tataren, 0,5% Koreanern, Weißrussen, Türken und Aserbajanern, zu 0,2% aus Dunganen, Kurden, Tadschiken, Polen, Tschetschenen und Kirgisen. Um nur die zu nennen, die in % Zahlen erfasst wurden sind. Deutschstämmige gibt es noch 1%. Das waren früher mehr. Doch nach 1991, der Zeit der Unabhängigkeit, sind viele ursprünglich Deutsche nach Europa gezogen.
Von 125 Ethnien spricht man, die in Kasachstan leben und das Land zum Multikulti-Staat machen. Neben geografischer Ursachen war es leidet die Deportation der Menschen, die sie zu frühen Sowjetzeiten hierher kommen ließen. „Verbannung in die Straflager Kasachstans“, war damals eine leider übliche Methode. In den 50er und 60er Jahren kamen erneut viel Leute hier her. Diesmal mehr oder weniger freiwillig, um das weite freie Land für die Landwirtschaft nutzbar zu machen. Auch sie sind später einfach geblieben.
Und so wundert es uns nun überhaupt nicht mehr, wenn wir Dunkelhaarige mit leuchtend grünen Augen oder Blonden Menschen begegnen, bei denen wir annehmen könnten, sie kämen aus Jena. Doch sie sprechen Russisch und wurden in Kasachstan geboren.

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