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Wo der Pfeffer wächst / Where the pepper grows

15.09.2015 Liangshan / China / N28°11’40.6“ E102°10’01.8“

Lilafarben ist sein samtener Anzug und weiß seine Schuhe. Der Blick fokussiert doch nicht starr. Die Bewegungen fließend, zur Musik aus dem kleinen roten Kästchen. Er weiß was er tut und schon oft getan hat. Das kann ich sehen. Lang sind die Sequenzen und immer wieder anders die Choreografie. Der Tai Chi Meister und sein Schüler. Synchron in ihren Bewegungen miteinander verbunden. Wie ist es möglich, dass ich erwache und es das Erste ist, was ich erfahre? Tai Chi vor unserem Leo. Ich bin gerührt. Seit Tagen wollte ich am Morgen in einen Park gehen, um die Tai Chi Praktizierenden am erwachenden Tag zu erleben. Und nun sind sie zu uns gekommen… Ganz still stehe ich da und sehe den beiden zu, wie sie die Sechszehnhundert von der Familie „Chen“ ins Leben gerufene Kampfkunst vollführen. Ihre Rahmung ist der charaktervolle alte Dorfplatz hier oben in den Bergen. Da ist nichts restauriert und auf „historisch“ getrimmt. Hier ist es wie es schon seit langem war. Ich lasse die Zeit vergehen und würde diese Augenblicke doch zu gern festhalten.

Der Tag nimmt seinen Lauf. Wir gehen unserer Wege. Die Gesichter geben ihm ihre Prägnanz. Was sind das doch für unglaublich schöne Gesichter. Gezeichnet von jedem ihrer gelebten Tage. Ich kann mich nicht satt sehen und mische mich unter sie. Habe Freude daran mit ihnen Gesten auszutauschen und fühle mich pudelwohl. Ich merke wie gut es mir geht. An diesem Fleckchen Abgeschiedenheit. Dort, wo der Pfeffer wächst. Kleine unscheinbare Büsche mit zierlich grünen Blättchen sind es, an denen die Würze gedeiht. Wir kaufen Pfeffer und Pfeffer-Öl von den hutzeligen, warmherzigen Frauen, um uns später der Düfte von heute zu erinnern.

Weiter gen Süden, was nicht heißt, weiter in die Wärme, sondern eher in die Höhe. Auf dreitausend Meter schraubt sich die Straße. Ein Meisterwerk der Baukunst. Atemberaubend, wie sie hier oben komplette Kreistunnel durch die Berge gegraben haben, um die Steigungen zu überwinden. Manchmal habe ich das Gefühl, bei den Chinesen geht es ganz stark um das eigene Befinden und Wohlgefühl, wie beim Tai Chi. Andererseits scheint es überhaupt nicht wichtig, wie es dem Einzelnen geht, wenn Bauwerke zu errichten sind, die eigentlich unmöglich scheinen. Da ist wieder das Yin und Yang. Da ist sie wieder, die Balance im Ganzen gesehen. China, es gelingt dir an jedem Tag aufs Neue mich sprachlos in der Ecke stehen zu lassen.

Ethnien gibt es viele in diesem so unglaublich großen Land. Menschen völlig unterschiedlichen Aussehens, mit eigenen Schriften und Sprachen. Informationen über sie zu erhaschen ist schwierig in dem gigantischen doch sehr verschlossenen Land. Das Internet hilft mir nicht weiter, da es auch dort ein großes Stoppschild für die mir sonst geläufigen Plattformen gibt. Also finde ich mich ab und sehe was ich sehe und für mich selbst verstehe. Alle Sinne stehen in mir auf „AN“. Das Schmecken, das Hören, das Sehen, das Fühlen und das Riechen. Das heute ganz besonders. Hier im Land, wo der Pfeffer wächst.

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