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Wüstenstadt / Wild town

05.08.2015 Bayan Uul / Mongolia / N47°09’20.4“ E095°00’43.7“

Genussvoll gleitet uns der selbstgemachte sämige Kartoffelbrei mit den Senfeiern dazu die Kehlen entlang. Noch immer ist uns nicht nach Fleisch zu Mute. Wir brauchen Abstand und suchen alle unsere Schränke durch, auf der Suche nach fleischloser Kost.
Ich sitze mit Götz am Rand einer langen steinigen Bergkette. Die Blicke sind ins Tal gerichtet. Unsere Nachbarn, die mongolischen Jurtenbewohner, sehen wir in einigen Kilometern Entfernung. Man braucht Platz um sich herum. Die Enge der Stadt ist nichts für die Menschen hier draußen. Uns geht es genau so. Wir genießen die Abgeschiedenheit.
Langsam, sehr langsam kommen wir auf den Huckelpuckel-Pisten voran. Gut für unsere sich nicht satt sehen wollenden Augen. Am Tag zweihundert Kilometer an Strecke zu schaffen, ist gerade eine Längenrekord. Doch die Landschaft ist das Abwechslungsreichste, was ich je gesehen habe. In einem Augenblick zeigt uns die Gobi ihr Sandwüstengesicht, im nächsten glauben wir uns in isländische Gefilde versetzt, während wir durch die steinigen Hügellandstriche zuckeln. Wieder ein paar Kurven weiter sieht es nach den grünen Hängen Schottlands aus. Dazu die unglaublichen Dimensionen. Offensichtlich hatte der Erschaffer bei der Mongolei seine großzügigen Tage. Nicht klein und beschaulich, nein weit, mitunter unüberschaubar war wohl hier sein Motto. Ich finde es einfach nur wundervoll. Kann mich an den Schattenspielen nicht satt sehen, welche die Sonne und ihre Kumpels, die Wolken, pausenlos aufführen. Ne Menge Spaß haben sie dabei. Das ist leicht zu spüren. Die Projektionsflächen sind groß. Wo haben sie sonst schon so viel Platz zum austoben? Ihr ausgeprägtes grafisch-ästhetisches Talent kommt voll zur Geltung. Ich liebe sie dafür und sitze als Zuschauer in der allerersten Reihe.
Sten hingegen liegt schlafend im Bett. Heute hat es ihn erwischt. Er hält sich den Bauch vor Schmerzen. Wir können erst einmal nur abwarten was daraus wird. Ich hoffe, der Schlaf tut ihm gut.
So war ich mit Götz allein unterwegs, auf unserer „City-Tour“ durch Chuchmorit. Ich weiß nicht, ob einhundert oder gar zweihundert Leute dort wohnen. Auf jeden Fall ist es eine Wüstenstadt, wie sie sich Lucky Luke wohl gewünscht hätte. Breite Sandflächen, gesäumt von lustig schrägen Hütten. Das ist alles. Ach nein, wir entdecken ein Schild. Vergilbt zwar, doch wir können das breite Obstsortiment darauf noch gut erkennen. Nichts wie rein in den „Frischetempel“. Okay, Coca-Cola und ne Tüte Chips sind ja so etwas Ähnliches wie eine Vitaminbombe. Aus Verlegenheit haben wir zugegriffen. Wir wollten der Frau hinter dem Tresen irgendetwas abkaufen, um ihr einen kleinen Gefallen zu tun. So wirklich angesprochen hat uns weder das abgehangene Toilettenpapier, noch die vergilbte Kekspackung im Regal. Ob die Leute hier ab und an in einen größeren Ort fahren, um sich mit dem Lebenswichtigen einzudecken? So recht weiß ich es nicht. Auf jeden Fall stehen Kekse und Bonbons zu jeder Mahlzeit auf den Tischen. Dazu einen Kochfleischknochen und fertig ist die phantasievolle Kombination.
Ich mag den Ort voll Sand. Seine Einfachheit gefällt mir. So wenig und eben doch auch viel. Ich kann mir diesen verklärt romantischen Blick leisten, halte ich mir selbst vor. Ich lebe ja nicht hier, wenn der Sturm den Herbst durch die Häuser jagt und der Winter seine frostige Decke über den Sand wirft. Dann, wenn alle froh sind, genügend getrocknete Kuh- und Schaffladen zum Heizen zu haben. Weg von hier kommt dann wahrscheinlich niemand so leicht. Die Pisten, jetzt ein Abenteuer, dann über weite Strecken schlichtweg unbefahrbar. Ich habe Respekt vor den Leuten und ihrem Leben da draußen. Alles, wirklich alles ist hier eine Moment-Aufnahme. Schon im Nächsten kann sich der strahlendblaue Himmel verdunkeln und aus der wohlig umhüllenden Wärme eisig abweisende Kälte werden. Schneeeinbrüche auf zweitausend Metern Höhe sind hier in der Gobi auch im August nichts Fremdes.
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